Fischfang auf den Lofoten

Als die großen Gletscher an der norwegischen Küste verschwanden, begann der Dorsch seine jährliche Wanderung von der Barentsee zu den Lofoten, um dort zu laichen. Er war und ist immer noch die Haupteinahmequelle der Inseln.

Schon vor 1000 Jahren kamen Fischer aus anderen Teilen des Landes von Januar bis April in die Fischerorte der Lofoten, um auf dem Meer ihr Geld zu verdienen. In diesen Monaten wimmelte es in den Häfen von Fischerbooten, und die See 'kochte' regelrecht von Fischen, so dichtgedrängt tummelten sich die Fischlaiber. Das hat die Lofotfischerei weltberühmt gemacht.

Damals ging es wild zu, sowohl in den Winterstürmen auf See im Kampf um die besten Fanggründe als auch bei den Streiterein in den engen Rorbu-Siedlungen, wo bis zu 30 Mann mit ihren Gerätschaften unter einem Dach hausten.

Im 19. Jahrhundert brachte der Fischreichtum des Meeres die Fischer in ähnliche Lohnabhängigkeit wie Fabrikarbeiter zur damaligen Zeit.

Auf den Lofoten hatten ein paar 'Nessekonger' das gesamte Geschäft mit dem Fisch unter sich aufgeteilt. Die "Fischkönige" herrschten jeweils über eine Kette von Handelshäusern und über ganze Küstendörfer.

1828 ging der halbe Ort Svolvær für 3.000 norwegische "Spezialtaler" an einen Fischspekulanten über. Dieser hatte fortan allein das Recht, Handel zu treiben, Schnaps zu verkaufen oder Zimmer zu vermieten. Die einfachen Leute mußten ihm für ihre Häuser Miete zahlen. In einem Mietvertrag wurde festgelegt, daß "öffentliche Verlustigungen, Tanz und Kartenspiel" im Haus verboten waren. Die meisten Einwohner hatten beim örtlichen Nessekonge Schulden und waren damit zur Abhängigkeit verdammt.

Manche Patrizierhäuser haben überdauert, wie die Firma L. Berg Sønner A/S auf den Lofoten, die heute von Fischaufzucht und Fischverarbeitung lebt. Aber auch für die Reichen des Nordens sind die Zeiten nicht mehr so rosig wie früher, als es bei Berg alles zu kaufen gab, von der Damenunterwäsche bis zum Vorschlaghammer.

Gegen Ende des 19. Jh. wurden während der Hauptfangsaison noch mehr als 30.000 Lofotfischer gezählt. 1951 kamen 22.000 Fischer mit ihren Booten aus dem ganzen Norden zusammen und sie holten 116.000 Tonnen Dorsch aus dem Wasser. Der Vorrat reichte für alle ein ganzes Jahr. In jeder Saison fielen einige der Fischer dem Meer zum Opfer, fast immer die gesamten Männer einer Familie. Bei stürmischen Wetter kam es früher vor, daß an einem Tag mehrere hundert Fischer den Tod fanden. "Die sind draußen geblieben", hieß es dann knapp. Das alte Schicksal der Lofotfischer.

1988 war bisher die schlechteste Saison. 2.300 Fischer brachten gerade 6.000 Tonnen an Land. Eine Nachricht, bei der viele alte Lofotværinger weinen mußten. Die Einkünfte reichten gerade für den Sprit. Die vielen Fischgestelle blieben leer.

Ursache für diese ökonomische und ökologische Katastrophe ist die hemmungslose Überfischung durch die Hochseefischerei. Sie hat dazu geführt, daß der Polardorsch nicht mehr so alt wird, um zweimal den Weg aus dem Polarmeer zu den wärmeren Laichplätzen bei den Lofoten zu finden. Statt fünfzehn bis siebzehn Jahre alte Dorsche mit bis zu fünfzehn kg Gewicht fängt man jetzt nur noch halb so schwere, die nur noch sieben bis elf Jahre alt sind.

Zudem provozierte die Überfischung eine Seehundinvasion: Zu Hunderttausenden kamen sie auf Nahrungssuche an die Küste und fraßen den Lofotfischern noch die letzten Fische weg.

In den 90Jahren erreichte man wieder die 30.000-Tonnen-Grenze. Noch heute arbeiten 5.000 Lofoter hauptberuflich als Fischer. Doch die Lofot-Fischerei ist kein großes Fest mehr. Nur noch größere Städte wie Svolvær können von der Fischverarbeitung leben. Für kleinere Orte bleibt nur das Umschwenken auf den Tourismus, oder wie in einigen Orten auf die Aquakultur.

Außer dem Dorsch, der hautsächlich zu Stockfisch verarbeitet wird, fängt man so wichtige Arten wie Schellfisch, Seelachs, Rotbarsch, Seewolf, Hering, Lumb, Scholle, Heilbutt und Tintenfische.

Noch heute bietet sich ein erstaunliches Schauspiel: Boote aller Arten, Größen und Farben tanzen, so weit das Auge reicht, vor dem dramatischen Hintergrund schneebedeckter Bergspitzen auf dem bewegten Meer. Spätestens am 15. April wird es in den Häfen wieder ruhiger.

 

Weiterführende Links zu Fischfang:

Angeln Aquakultur Gemeinden Geschichte Rorbu / Rorbuer Sjøhus Stockfisch Vestfjord

zu den Inseln:

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und allgemeine Infos im:

Lofoten A-Z

©1999 by Otto and Mechtild Reuber

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