Neuntöter
Lanius collurio
Familie:
Würger
sporadischer Zugvogel
Merkmale
Männchen mit grauem Scheitel, schwarzem Zügelstreif und schwarzweißem Schwanz unverwechselbar. Weibchen unterseits quergestreift; Jungvögel wie Weibchen, aber zusätzlich auf dem Rücken quergestreift.

Lebensraum
Buschreiche Feldflur, vor allem mit dichten Dornenhecken, wie sie früher von Schafherden zurückgelassen und zurechtgestutzt wurden. In der flurbereinigten heckenlosen Landschaft muss der Würger verschwinden und mit ihm die ganze Tierwelt der Hecken und Magerrassen. Umgekehrt erging es dem Neuntöter im vorigen Jahrhundert, als man die Natur nach "nützlich" und "schädlich" einteilte und deshalb glaubte, durch Abschuss eines jeden Greifvogels ein gutes, naturschützerisches Werk zu tun. Damals vernichtete man einen Großteil des Greifvogelbestandes und damit die natürlichen Feinde des Neuntöters. In der Folge wurde er sehr häufig und eine Gefahr für den Kleinvogelbestand der Heckenlandschaft. Heute sind Greifvögel, Würger und Kleinvögel örtlich nur noch in Restbeständen oder in inselartiger Verbreitung übriggeblieben.

Fortpflanzung
Beim Nahrungserwerb ähneln die Würger den Greifvögeln, bei der Brutpflege aber zeigen sie sich als echte Singvögel. Das Männchen singt im Frühjahr und nimmt dabei zahlreiche Vogelstimmen und andere Geräusche aus seiner täglichen Umgebung in den Vortrag auf. Das Weibchen baut das ordentliche Nest, meist im dichtesten Busch seines Reviers, mit Vorliebe zwischen Dornen und nicht allzu hoch. Es brütet sehr fest auf den meist 5 Eiern und wird vom Männchen gefüttert. Die Jungen kommen nackt und blind zur Welt und sperren zur Fütterung die Schnäbel weit auf, wie das alle Singvogeljungen tun, sonst aber nur ganz wenige Vogelgruppen. Im Alter von etwa 15 Tagen - noch flugunfähig, aber schon geschickte Zweighüpfer - verlassen die Jungen das Nest.
Solange die Jungen im Nest hocken, sind sie sehr verschwiegen; einmal ausgeflogen, machen sie aber mit lautem Kreischen auf sich aufmerksam und weisen so den Eltern den Weg für das Futter. Daher ist eine Würgerfamilie mit flüggen Jungen für gut eine Woche gar nicht zu überhören. Die Jungen mausern sich gleich nach dem Ausfliegen zu einem "Jugendkleid", in dem beide Geschlechter gleich aussehen. Wenige Monate später, in der Winterherberge, mausern sie sich erneut, und die Männchen bekommen ihr prachtvolles Kleid, das übrigens je nach Geburtsort etwas verschieden aussieht.
Die Neuntöter sind in Mitteleuropa reine Sommervögel. Sie kommen erst im Mai und ziehen schon im August wieder zurück ins tropische Afrika. Sie brüten stets in Europa.

Nahrung
Der Neuntöter ist wie seine Verwandten ein typischer Wartenvogel: Auf einer Warte, etwa einem hochragenden Zweig - oder heute meist auf einem Telefondraht - hält er ruhig Ausschau nach einer Beute am Boden. Gelegentlich rüttelt er auch nach Turmfalkenart in der Luft, stürzt sich dann blitzschnell zu Boden und ergreift die erspähte Beute. An guten Tagen fängt er mehr, als er verzehren kann. Dann spießt er den Überschuss auf Dornen in seiner Dornenheckenlandschaft, wo man dann die aufgespießten Opfer manchmal leichter findet als den Täter. Hauptbeute sind Insekten, etwa Käfer und Heuschrecken, aber er fängt auch wie der viel größere Turmfalke erwachsene Mäuse und wagt sich gar an Singvögel heran, die ihn nicht als Feind erkennen und daher nahe heranlassen. Er hat einen Hakenschnabel wie alle Vögel, die ihre Nahrung zerreißen.

Allgemeines
Nahe verwandt mit dem Neuntöter ist der gleich große Maskenwürger, Lanius nubicus. Das Männchen hat eine weiße Stirn, einen weißen Schulterfleck und einen schwarzen Rücken, beim Weibchen ist der Rücken grau. Verbreitet ostwärts ab Griechenland in trockenen Buchwäldern. Er fehlt in Mitteleuropa und in Südwesteuropa. Auch der Maskenwürger ist im östlichen Mittelmeerraum, wo sich sein Verbreitungsgebiet mit dem des Neuntöters überschneidet, ein Sommervogel, der in Afrika überwintert.

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