Unsere Erlebnisse auf Senja:
Wir hatten einen Besuch dieser Insel in unserem Urlaub 1998 für den 03.07. bis 07.07. eingeplant. Zu kurz allerdings, wie wir hinterher feststellen mußten.

03.07.98: Ankunft auf Senja und erste Eindrücke

Wir starten am späten Morgen in Tromsø, setzen mittags mit der Fähre von Larseng nach Vikran über, und können uns bereits am späten Nachmittag auf dem idyllisch gelegenen Skatvik-Campingplatz im Süden der Insel Senja in einer gemütlichen, von Birken umsäumten Hütte einquartieren.

Nachdem unser Gepäck gut verstaut ist, besichtigen wir die "Kleinstadt" Finnsnes, kaufen ein, und suchen in der Nähe der Gisundbrücke, die jetzt sehr beeindruckend in der Abendsonne liegt, nach Fotomotiven. Nach dem Abendessen erkundigen wir die nähere Umgebung des Campingplatzes.

Viele Nebenstrecken auf Senja sind noch reine Schotterstraßen und mit tiefen Schlaglöchern übersät. Dazu zählt auch die 8 km lange Nebenstrecke zu unserem Campingplatz, die wir gezwungenermaßen öfters fahren müssen und unserem Auto sehr zu schaffen macht. Aber aufgrund der abgelegenen Lage, hoffen wir jedesmal in diesem dafür prädestinierten Gebiet, einen Elch zu sehen, haben damit aber kein Glück.



04.07.98: Wanderung zum Südzipfel des Anderdalsvatnet im Anderdalen-Nationalpark, Norwegens letzte Wildnis

Zunächst fahren wir nach Finnsnes zur Touristinformation, um uns die entsprechende Wanderkarte zu kaufen. Wir müssen aber feststellen, daß die Information samstags geschlossen hat. Pech! Nach dieser unnötigen Zeitverschwendung gelangen wir über die Straße 860 nach Tranøy und parken unser Auto auf dem Parkplatz des Rasthauses. Hier steht auch eine große, übersichtliche Informationstafel, die eine Wanderkarte überflüssig macht, falls man nur bis zum Südzipfel des Andervatnet wandern will.

Anfangs folgen wir einem ziemlich breiten Weg, der nach einer geraumen Zeit dann in einen schmalen, aber gut sichtbaren Pfad übergeht und durch lichten Kiefernwald führt. Auf teils wackeligen Planken, die Sumpfstellen überbrücken, durchqueren wir das breite Tal und sind immer wieder von den alten, abgestorbenen Kiefern fasziniert. Wir gelangen in eine Senke, die üppig mit brusthohem Farn bewachsen ist. Der Anstieg eines Geröllhanges kostet uns Schweiß. Kurz darauf zweigt ein kaum sichtbarer Pfad zum Anderdalselva ab, wo wir an einer der vielen Stromschnellen rasten.

Am Spätnachmittag gelangen wir durch sumpfiges Gelände zu einer Bootshütte am Anderdalsvatnet. Hier verliert sich der Weg. Trotz zahlreicher Mücken genießen wir mutterseelenallein für zwei Stunden die Idylle am See. Danach wandern wir den gleichen Weg zurück.



05.07.98: Autotour durch die zerklüftete Bergwelt der Nordwestseite

Wir verlassen gegen 10 Uhr unseren Campingplatz und fahren über teilweise schottrige Nebenstrecken, quer durch das bewaldete östliche Senja, bis wir kurz hinter Kvannås die Straße 861 erreichen, die am Gisundet entlangführt.
Vor einem Jahr hatten wir in einem Diavortrag einige Fotos von dieser Gegend gesehen, die schon damals eine Faszination auf uns ausübte.

Um diese grandiose Bergwelt jetzt selbst zu erleben, beabsichtigen wir, in jede der kleinen Stichstraßen zu fahren, die zu immer wieder anderen Fjorden führen. Zunächst steuern wir Laukvik an, nördlichster Ort auf Senja, der mit dem Auto erreichbar ist. Laut unserer Karte soll man hier einen schönen Ausblick auf den Malangen und die Insel Kvaløy haben. Am Ende der Straße, hinter einem kleinem Friedhof, parken wir und stoßen hier auf unser einziges Rentier, welches wir in diesem Urlaub in Norwegen sehen sollten. Die sandige Bucht, die Boote und die wenigen Häuschen bieten ein idyllisches Bild. Wir sammeln Trog- und Pfeffermuscheln, klettern einen Hang hinauf und genießen einige Zeit den Ausblick auf Kvaløy.

Die nächste Etappe bringt uns an den Bålsfjorden. Aber die wenigen Häuschen sind eingezäunt und der Weg ist vergattert, so daß uns der Zugang zum Fjordufer verwehrt bleibt.

So steht relativ schnell das nächste Örtchen auf dem Programm. Die Straße führt uns leicht bergan. Auf dem Scheitelpunkt durchqueren wir einen unbeleuchteten Tunnel und dann erwartet uns plötzlich ein fantastischer Blick auf den Øyfjorden, umrahmt von bizarren, 800 Metern steil aus dem Meer aufragenden Bergen. Malerisch auf einer kleinen Insel liegt Husøy, mit dem Festland nur durch einem Damm verbunden. Für unsere Aufnahmen wünschen wir uns etwas Sonne, aber die graue Wolkendecke will einfach nicht aufreißen. Nach fast einer Ewigkeit fahren wir in den Ort hinunter, parken in der Nähe der Schule, und erklettern den kleinen Hügel hinter dem Dörfchen. Von hier haben wir dann den nächsten schönen Blick über Husøy und die umliegende Bergwelt. Nach einem einstündigen Ortsbummel fahren wir die 15 km zurück auf die Straße 861.

Der Ørnfjorden ist unser nächstes Ziel. Vor einem Tunnel biegt die alte Straße nach Fjordgård ab. Wir würden sie gerne befahren, müssen aber nach ca. hundert Meter feststellen, daß herabgefallene Felsbrocken den Weg versperren. Also bleibt uns nur die Fahrt durch den Tunnel und wir erreichen das verschlafene Örtchen, von dem man eine schöne Sicht auf das gegenüberliegende Husøy hat.

Nach ein paar Fotos landen wir anschließend auf der nächsten Stichstraße zum Mefjorden. Endlich klart das Wetter auf und am Endpunkt unserer Reise, im Örtchen Mefjordvær, haben wir passend zur schönsten Aussicht des heutigen Tages auch endlich das Super-Fotografierwetter. Auf der langen Hafenmole mischen wir uns unter die Einheimischen, die auf den Bänken sitzen und ein gemütliches Schwätzchen halten, oder über die Mole bummeln und die Sonnenstrahlen genießen. Viel später gelangen wir über den kleinen Feldweg beim Parkplatz an die felsige Küste. Die ungewöhnlich glatten, langen Felsen sind mit Seepocken und Napfschnecken übersät. Wir genießen die Aussicht auf das Nordmeer und die bizarren Koganberge, die auf der anderen Seite des Fjordes fast senkrecht aus dem Fjord ragen. Otto klettert dann noch über einen Schafspfad zu dem Leuchtturm an der Spitze der Landzunge.

Und da auch so ein Tag einmal endet, befinden wir uns gegen 21 Uhr - unser Tacho zeigt 240 Tageskilometer - wieder auf dem Campingplatz. Wir schreiben die längst fälligen Postkarten und bummeln danach noch durch das Örtchen Skatvik.



06.07.98 Endlose Wanderung von Flakstadvåg zu den verlassenen Häusern von Leikvik und eine unerwartete Bootstour

Am späten Vormittag verlassen wir unsere gemütliche Hütte, fahren zu dem kleinen Fischerörtchen Flakstadvåg und parken vor der Informationstafel, auf der alle nennenswerten Nachrichten des Ortes und Anglerinformationen zu lesen sind.

Bei strahlendblauem Himmel und entsprechender Temperatur wandern wir zunächst über die breite, ungeteerte Straße entlang des Selfjorden. Da nirgendwo der Weg nach Leikvik abzweigt, der in unserer Karte eingezeichnet ist, schlagen wir uns quer durchs Gelände und stoßen in einem dichten niedrigen Birkenwäldchen auf einen Schafspfad, der hangaufwärts führt. Er ist teilweise so dicht bewachsen, daß wir ihn öfters aus den Augen verlieren. Aber die Stromleitung nach Leikvik gibt uns die Richtung an.

Etwas höher am Hang lichtet sich der Wald und wir rasten am Finnelva-Bächlein. Der Selfjorden liegt schon weit hinter uns in der Mittagssonne. Immer häufiger nerven dicke Stechfliegen, die uns noch nie in Norwegen aufgefallen sind. Über einen mit vereinzelten Fjellbirken bewachsenen Wiesenhang gelangen wir an einen steilen Sattel, eine wahre Freude in der Mittagshitze.

Langsam quälen wir uns Schritt für Schritt, an Grassoden und Sträuchern hochziehend, nach oben. Loses Geröll erschwert zusätzlich das Vorwärtskommen. Die brennende Mittagssonne und der immer schwerer werdende Fotorucksack sorgen dafür, daß uns der Schweiß nicht nur den Rücken runterläuft. Aber irgendwann haben wir es dann geschafft. Wir rasten an einem kleinen See auf der Höhe, erschlagen einige Mücken und Stechfliegen (eine Bremsenart) und vertilgen unsere Vorräte, vorrangig die Getränke. Dann geht´s in westlicher Richtung fast gemütlich leicht aufwärts. Auf dem Scheitelpunkt des Weges bietet sich ein herrlicher Blick auf die Bucht Leikvika, die uns noch weit entfernt scheint. Am dunstigen Horizont können wir die Bergkontur der Vesteråleninsel Andøya ausmachen.

Aber bevor wir zur Bucht gelangen, müssen wir noch eine nicht endenwollende sumpfige Hochebene durchqueren. Es matscht unter unseren Schuhen, den Weg haben wir schon lange verloren und immer häufiger müssen wir mit Wollgras bewachsene Sumpfflächen umgehen und stiefeln durch dichte Wollweidensträucher. Endlich stehen wir am steilen Hang, der zur Bucht hinunterführt. Wir hangeln uns durch ein Birkendickicht und finden uns am späten Nachmittag hinter einem großen Felsen sitzend, der uns etwas Schatten spendet. Mißtrauisch werden wir von blökenden Schafen beäugt. Die wenigen Häuser und ein paar Boote bieten in der langgestreckten Bucht einen idyllischen Anblick. Wir trinken den letzten Schluck Wasser, erschlagen wieder einige der Bremsen und filmen, wie sie von Ameisen weggeschleppt werden.

Wir sind uns einig, den gleichen Weg nicht zurückzugehen. Auf die Hilfsbereitschaftt der Norweger hoffend, klopfen wir an die Tür des ersten Hauses und stellen fest, daß es unbewohnt ist, ebenso wie das nächste und übernächste. Nur in dem kleinen roten Haus antwortet uns eine verschlafene Männerstimme. Gottseidank! Wir haben ein schlechtes Gewissen, daß wir ihn in seiner "Siesta", wie er es nennt, gestört haben, er ist aber sofort bereit uns abends, bevor er zum Fischen hinausfährt, für 25 NOK nach Flakstadvåg zu bringen. Damit er es sich ja nicht anders überlegt, geben wir ihm 50 NOK. Er lädt uns auf seine kleine Veranda ein, lernen seine Frau und seinen Bruder kennen, der uns selbstgemachte Fiskecakes anbietet. Er erzählt, daß die Bucht seit Jahren verlassen ist, und außer ihm nur noch eine Familie ihr Elternhaus im Sommerurlaub nutzt.

Beim Aufbruch haben wir das Gefühl, ihn und seine Familie schon lange zu kennen. Die zwei Männer machen das Boot klar und bringen uns in 30 Minuten zurück nach Flakstadvåg. Vom Boot aus schießen wir einige Fotos auf die Felshänge der Berge, die jetzt herrlich in der Abendsonne liegen und ganz kurz sehen wir auch einen kleinen Grindwal auftauchen. In Flakstadvåg revanchieren wir uns, fahren die 2 Männer noch zur "Tankstelle", wo sie ihren Sprit-Kanister auffüllen . Der Abschied fällt herzlich aus.

Nach dem Abendessen tanken wir noch in Silsand, da es auf der Strecke nach Gryllefjord keine Tankstelle mit Superbenzin gibt. Hier erfahren wir auch die Abfahrzeiten der Fähre Grillefjord - Andenes. Auf einem Hügel unweit der Hütte genießen wir noch einige Zeit die Stimmung der Mitternachtssonne über dem Solbergefjorden.



07.07.98: Schmerzlicher Abschied

Wir wollen um 10 Uhr die Fähre nach Andenes erreichen. Das heißt: früh aufstehen, schnell frühstücken, Auto einräumen und die Hütte reinigen. Irgend ein Campingplatzbesitzer hat uns mal darauf hingewiesen, daß man bei mehreren Übernachtungen nicht den vollen Preis bezahlen muß. So handeln wir uns auch hier erfolgreich auf 920 NOK für unsere vier Übernachtungen runter.

Zum letzten Mal fahren wir bei strahlendblauem Himmel die Holperstrecke, um auf die Straße 860 zu gelangen und biegen über eine weitere Nebenstrecke zur Straße 86, die bis nach Gryllefjord führt. In Trollhaugen werfen wir einen schnellen Blick auf den 18 Meter hohen Senjatroll, der hier im Huldre- og Trollpark heimisch ist. Kurz danach passieren wir das malerische Fischerörtchen Hamn.

Wir umrunden die schöne Bucht von Balesvika und stoppen kurz vor dem Tunnel, der den Berg in halber Höhe durchstößt, um diesen Blick zu genießen. Pünktlich erreichen wir Gryllefjord. Der Parkplatz an der Anlegestelle ist überfüllt mit Bussen und Pkw`s. Der unerwartete Andrang überrascht uns. Aber mit sehr viel Glück ergattern wir noch den zweitletzten Platz. Eine ganze Weile begleiten uns die Berge entlang des Torskenfjordes und wir nehmen schmerzlich Abschied von Senja.



©1999 by Otto and Mechtild Reuber
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