Merkmale
Der letzte in Mitteleuropa noch weit verbreitete Großvogel mit
einer Länge von
90 cm und einer spannweite bis
170 cm, Gewicht
um 1,5 bis 2 kg.
Gefieder in verschiedenen Grautönen, bei den Altvögeln von weiß bis
schwarz, bei den Jungvögeln in matteren Kontrasten. Flug wuchtig rudernd mit
zurückgelegtem Hals. Stimme laut und krächzend "kraik", oft im Fluge zu
hören. Tag- und nachtaktiv bis in die späte Dämmerung.
Lebensraum
Graureiher sind sehr anpassungsfähig. Sie brauchen nur
fischreiche Gewässer vom Bach bis zur Meeresküste und ein Mindestmaß an
Duldung durch den Menschen. Sie fehlen nur in geschlossenen Großwaldungen.
Wenn es genügend Nahrung gibt, etwa wo gerade eine Mäuseplage herrscht oder
wo - im Süden - Heuschreckenschwärme auftauchen, kommt der Graureiher sogar
ohne Wasser aus. Wo er nicht verfolgt wird, gewöhnt er sich auch an den
Menschen und brütet sogar inmitten von Großstädten, z.B. in Stockholm,
Amsterdam, Nairobi und Mombasa.
In Norwegen wurde er das erstemal im Sunnmøre-Distrikt als Brutvogel beobachtet worden.
Jetzt ist er ein häufiger Brutvogel an den Küsten von Møre og Romsdal. Auf Runder brütet er nicht, erscheint aber das ganze jahr über, um sich dort mit Nahrung zu versorgen.
Graureiher sind Teilzieher, die noch vor Ende der Schneeschmelze im
Brutgebiet erscheinen, aber schon bald nach Ende der Brutzeit abziehen. Vor
allem die Jungvögel unternehmen nach dem Flüggewerden weite Wanderungen und
kommen mitunter bis nach Nordafrika. Manche jungen Reiher lassen sich später
in fremden Reihenkolonien bis einige 1000 Kilometer von ihrem Geburtsort
entfernt nieder. Die meisten Graureiher überwintern in Süd- und Westeuropa,
manche auch in Mitteleuropa, wo sie in harten Wintern große Ausfälle
hinnehmen müssen.
Fortpflanzung
Graureiher sind selten Einzel-, meist aber Koloniebrüter.
Reihenkolonien können uralt werden, manche schon seit Jahrhunderten benutzt.
Die Eiablage beginnt schon im März. Im Mai herrscht in einer volkreichen
Reihenkolonie großer Lärm. Die Jungen gackern rauh, dazwischen mischt sich
das Krächzen der Altvögel.
Graureiher wirken in ihrem Verhalten hin- und hergerissen zwischen der
Einzelgängerei, die ihnen bei der Jagd auf die nicht in beliebiger Menge
vorhandenen Fische nützt, und der Geselligkeit, die ihnen während der Brut
Vorteile bringt, weil sich manche Feinde nicht in die volkreiche
Reihenkolonie wagen. Aus dieser Spaltung heraus haben die Reiher, wie auch
andere Koloniebrüter, ein gestenreiches Ritual entwickelt, mit dem sie etwa
ihrem Paarungspartner auf dem Nest nahe treten. Die festgelegten
Verhaltensformen werden vom Artgenossen als ein Signal verstanden, das den
"Einbruch" in dessen Individualdistanz ermöglicht, ohne Abwehrhandlungen
auszulösen.
Beim Begrüßungsritual wird dem Partner auch ein Zweig als symbolischer
Beitrag zum Nestbau überreicht. Menschlich gesprochen überwinden die Reiher
instinktive Aggression durch ausgesuchte Höflichkeit.
Eizahl 3 bis 5, beide Eltern brüten, Brutdauer 26 bis 27 Tage,
Nestlingsdauer 6 bis 7 Wochen. In einer Kolonie sind meist Junge sehr
verschiedenen Alters anzutreffen. Fütterung etwa alle 2 Stunden aus dem
Vormagen, wobei die Nahrung aus bis 30 km Entfernung herbeigeschafft wird.
Aus dem Nest gefallene Jungvögel werden am Boden weitergefüttert.
Nahrung
Der Graureiher braucht täglich etwa 500 Gramm tierische Kost. Er
schlägt hauptsächlich Fische, aber auch Insekten, Mäuse, Schlangen,
Jungvögel, sogar erwachsene Zwergtaucher. Bei der Jagd schreitet der
Graureiher betont langsam umher. Erspäht er Beute, so schnellt der Schnabel
blitzartig und äußerst zielsicher vor.
In einem natürlichen Gewässer hat der Fisch die Möglichkeit, sich zu
verstecken, in einem künstlichen Fischzuchtweiher ist er dem Reiher oft
schutzlos ausgeliefert. Darum rufen von Reihern geplagte Fischzüchter
lautstark nach dem Abschuss von Reihern, dem auch mancherorts von den
Behörden nachgegeben wird. Es wäre wirksamer, durch gitterartig über den
Fischteich gespannte Stolperdrähte den Reihern dort das Fischen zu verleiden
und dafür zu sorgen, dass den Vögeln naturnahe Fischgründe zur Verfügung
stehen, wo sie die Bestände nicht gefährden.